MISERERE Berlin-Konzert

Klage und Hoffnung, Rufe aus der Tiefe und die Gewissheit der Erlösung: Peter Dijkstra, gerngesehener Gast am Pult des RIAS Kammerchors, kombiniert zum Abschluss der Saison geistliche Musik der Barockzeit und des 20. Jahrhunderts. Als einer der vielseitigsten und renommiertesten Chordirigenten unserer Zeit beweist Dijkstra damit erneut seine Kompetenz für Chormusik aller Epochen sowie sein Gefühl für stimmige Programmgestaltung. Im Zentrum des Abends steht Frank Martins Messe für Doppelchor, eines der bedeutendsten und zugleich schönsten Chorwerke des 20. Jahrhunderts. Der Schweizer Komponist schrieb die Messe zwischen 1922 und 1926, hielt die Partitur danach aber 40 Jahre unter Verschluss. „Damals war die Messe für mich nur eine Angelegenheit zwischen Gott und mir“, bekannte Martin nach der Uraufführung 1963.
Diesem persönlichen Zeugnis von Glauben und Spiritualität stellt Peter Dijkstra, Künstlerischer Leiter des Chors des Bayerischen Rundfunks, drei Werke gegenüber, die um die Sehnsucht nach göttlichem Erbarmen kreisen: „Miserere mei, Deus – Gott, sei mir gnädig“ – so der Beginn von Psalm 51. Der schottische Komponist James MacMillan entführt in seiner Vertonung dieses Textes von 2009 in Klangwelten voller Strahlkraft und Wärme: Bereits mit den ersten Takten wird klar, dass die Bitte um Gnade Erhörung finden wird.
Herber und mystischer, aufgewühlter, aber nicht minder innig ist das Miserere der slowenischen Komponistin Nana Forte von 2023. Das mittelalterliche Gedicht „Stabat mater" erzählt dramatisch von Trauer, Verlust, Machtlosigkeit, Empathie und Trost: Maria unter dem Kreuz ihres Sohnes Jesus ist voller Schmerz und gleichzeitig Vermittlerin zwischen Gott und den Sterblichen bei deren Flehen um Beistand. Peter Dijkstra dirigiert Domenico Scarlattis prachtvolles zehnstimmiges Stabat mater von 1724, ein viel zu selten aufgeführtes Werk von unvergleichlicher Aura: Musik, die zentrale Fragen der menschlichen Existenz beantwortet und einen Weg ganz direkt in unser Herz findet.
Das Konzert wird von Deutschlandfunk Kultur aufgezeichnet.