Johannes-Passion Berlin

Jeder weiß, wo er war, als die Mauer fiel. Mag die Parallele zu einem solchen historischen Ereignis auch hoch gegriffen erscheinen: Das Phänomen trifft auch auf eines der größten Kunstwerke überhaupt zu. Die meisten Menschen erinnern sich daran, wann und wo sie Bachs Johannes-Passion zum ersten Mal gehört haben. So eindringlich ist ihre Dramatik, so zwingend ihre Architektur. Justin Doyle, dem das Werk als elfjährigem Chorknaben in der Westminister Cathedral zum ersten Mal begegnet ist, befragte alle Chormitglieder des RIAS Kammerchor nach ihrem ersten Hörerlebnis mit der Johannes-Passion, bevor er das Werk im Jahr 2019 neu erarbeitete. Dabei hielt er sich an die Partitur, nicht an die vier bereits vorliegenden Aufnahmen der Johannes-Passion mit dem RIAS Kammerchor. Trotz langer Rezeptionsgeschichte und Aufführungspraxis erkundet der RIAS Kammerchor zusammen mit der Akademie für Alte Musik Berlin unter der Leitung von Justin Doyle das „wohl ehrwürdigste Puzzle der Musikgeschichte“ (Doyle) vier Jahre danach wieder von Neuem. Zu den Aufführungsorten zählt dieses Mal auch das 2017 eröffnete Kulturzentrum La Seine Musicale. Der kugelförmige Bau von Shigeru Ban und Jean de Gastines auf einer Seine-Insel südwestlich von Paris beherbergt ein Auditorium, dessen Raumatmosphäre von Holz und Korbgeflecht an den Wänden bestimmt ist. Die Akustik wurde von denselben Ingenieuren konzipiert wie die der Hamburger Elbphilharmonie, gilt jedoch als weicher.

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