Johannes-Passion Tournee-Konzert

In dieser Musik kämen Dinge zur Sprache, die mit Tönen zu sagen bis dahin niemand gewagt, vermocht oder auch nur versucht hätte, so der Komponist Hans Werner Henze über die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach. Das am Karfreitag 1724 uraufgeführte Werk gehört zu den unumstößlichen Eckpfeilern der abendländischen Musik. Es durchschreitet den gesamten Kosmos der menschlichen Existenz: Vertrauen und Verrat, Liebe und Verzweiflung, Angst, Schmerz und die Hoffnung auf Gnade und Erlösung. Der Leidensweg Jesu wird zum Gleichnis für das irdische Dasein, dessen Abgründe der Mensch allerdings mithilfe von Gottvertrauen überwinden kann.

Herber, knapper, aber auch dichter als die drei Jahre jüngere Matthäus-Passion, zieht die Johannes-Passion vom ersten Takt an unweigerlich in ihren Bann. Bach setzt die bildhafte barocke Sprache eines unbekannten Textdichters mit schier grenzenloser Fantasie und Formenvielfalt in Musik und erzeugt so eine packende, beinahe opernhafte Dramatik. Rezitative erzählen die Geschichte von Jesu Gefangennahme, Hinrichtung und Grablegung, Choräle wirken wie trostreiche Bestätigungen des göttlichen Heilsversprechens. Dazwischen laden Arien als Ruhepunkte zur persönlichen Innenschau ein. Mit einem mächtigen Chorsatz beginnt die Passion, mit einem zarten, innigen endet sie – als Resümee dessen, was in den vergangenen zwei Stunden zu erleben war: Durch den Opfertod Christi wird für die Sterblichen das Tor zum Himmel aufgestoßen.

Der RIAS Kammerchor unter der Leitung von Justin Doyle, die Akademie für Alte Musik Berlin und ein erlesenes Solist*innen-Ensemble machen sich auf den Weg nach Golgatha.